838 - 1327

Das Mittelalter

Das Mittelalter ist weniger eine finstere, als eine kaum bekannte und nicht leicht verständliche Epoche.

Als Epochedaten der mittelalterlichen Geschichte Rheines sind vor allem die erste Erwähnung der villa Reni am 7. Juni 838 und die Verleihung des Stadtrechts am 15. August 1327 zu nennen. Für den Zeitraum dazwischen liegen uns zwar erste schriftliche Belege über Rheine und umliegende Bauerschaften vor, doch sind dies wenige und nur sehr vereinzelte Nachrichten, die meistens den Erwerb oder die Veräußerung von Gütern, Rechten und Einkünften betreffen. Um daraus ein Bild der mittelalterlichen Entwicklung Rheines zusammenzufügen, bedarf es eines kritischen Blicks darauf, was wirklich in den Quellen steht, und erheblicher Interpretationsanstrengungen.

 

Diplom Ludwigs des Frommen vom 7. Juni 838 für die Äbtissin von Herford nennt erstmals die villa Reni.

 

Mit dem Diplom Kaiser Ludwigs des Frommen vom 7. Juni 838 tritt die villa Reni im Gau Bursibant erstmals in unser Blickfeld. Aus der Urkunde wissen wir, dass seit einiger Zeit eine Kirche in dem Königshof existiert, den die karolingischen Herrscher an dem strategisch wichtigen Übergang über die Ems unterhalten haben. Politisch markiert die Schenkung der Kirche mit dem Hof Reni an das St. Marienkloster in Herford das Ende der vorrangig militärischen Bedeutung dieses Ortes für die karolingische Herrschaft. Nach dem Ende der Sachsenkriege sowie der Unterwerfung und Missionierung der Friesen kann der Kaiser den Königshof für andere Zwecke verwenden. Die Schenkung an das Kloster Herford verfolgt zwei Ziele: Zum einen werden die Nonnen verpflichtet, für das Seelenheil des Schenkgebers zu beten. Zum anderen entspricht eine Zuwendung an die adligen Klosterfrauen der karolingischen Politik, durch Unterstützung und Einbeziehung der auf dem Land ansässigen Adelsfamilien zur inneren Festigung des riesigen Reiches beizutragen.

In der nun folgenden Zeit liegen Rheine und das heutige Westfalen eher am Rande des reichspolitischen Interesses. Weltliche und geistliche Herren mit ihren Ministerialen bauen ihren Besitz und Einfluss aus, ohne dass zunächst eine deutliche Vormacht entsteht. Erst gegen Ende des hier zu beleuchtenden Zeitraums entsteht ein Wettlauf um die territoriale Vorherrschaft, in dem der Bischof von Münster schließlich das flächenmäßig größte geistliche Fürstentum in Deutschland herausbilden kann.

Als Bindeglied zwischen dem Ober- und Niederstift Münster ist Rheine mit seinem Emsübergang für das entstehende Territorium von großer Bedeutung. Gegen die Äbtissin von Herford und die benachbarten Grafen von Bentheim und von Tecklenburg sowie die Edelherren von Steinfurt, auch gegen den Bischof von Osnabrück, gelingt es dem Bischof von Münster, in Rheine und umliegenden Bauerschaften Grundbesitz, Rechte und Einfluss zu erwerben.

Siedlungsgeschichtlich entwickelt sich in Rheine neben dem herfordischen Fronhof eine ansehnliche Marktsiedlung. Diese trägt Anfang des 14. Jh. mit Kirche, Markt, Befestigungsmauer, Versammlungshaus und Weichbildrecht schon durchaus städtische Züge.