1975 - 2002

Rheine nach der kommunalen Neuordnung

Die kommunale Neuordnung, die zum 1. Januar 1975 in Kraft tritt, stellt formell einen Zusammenschluss von fünf bisher selbstständigen Gemeinden zur größeren Stadt Rheine dar.

 Die unterschiedlichen Gewichte der sich zusammenschließenden Gemeinden können jedoch den Eindruck entstehen lassen, dass es ich faktisch um die Eingemeindung des Amtes Rheine in die Stadt Rheine handelt.

 

"Gedanken über die Stadt und ihre Umgebung" Fresko von Antonius van der Pas in der Eingangshalle des neuen Rathauses

 

Das Verhältnis der neuen zu den alten Stadtbewohnern spielt in den nächsten Jahrzehnten auch in der Kommunalpolitik eine wesentliche Rolle. Anfangs werden den neuen südlichen Stadtteilen eigene Bezirksausschüsse mit konkret definierten Beschlusskompetenzen zugestanden. Als 1994 die rot-grüne Mehrheit im Rathaus das Sagen erhält, werden die Bezirksausschüsse abgeschafft; an ihre Stelle treten Bürgerforen in allen Stadtteilen, den alten wie den neuen. Hier kann jeder, der sich von einem kommunalpolitischen Thema berührt fühlt, zu Worte melden, ohne dass diese Foren verbindliche Beschlüsse fassen können.

 

Stadtteilausschüsse ersetzen Bürgerforen

Im Jahre 1999 greift die CDU nach der Wiedererringung der Mehrheit im Stadtparlament das Konzept der Bezirksausschüsse in modifizierter Form wieder auf: sechs Stadtteilausschüsse sollen als Verbindungsglieder zwischen Bürgern und den zentralen politischen Vertretungsinstanzen fungieren. Ob diese Funktion von den Stadtteilausschüssen tatsächlich effektiv wahrgenommen werden kann, wird sich erst in einigen Jahren erweisen. In der Anlaufphase zumindest häufen sich personelle Wechsel und Leserbriefe unzufriedener Ausschussmitglieder in der Lokalpresse.

Die in den ersten Nachkriegsjahrzehnten oft recht offen geführte Auseinandersetzung zwischen den Stadtteilen rechts und links der Ems wird vielfach abgelöst durch die Gegenüberstellung der Interessen der Kernstadt und der südlichen Stadtteile. Als der Bürgermeister, der Vorsitzende der CDU-Mehrheitsfraktion und der Vorsitzende der CDU-Stadtunion zu Beginn des neuen Jahrtausends sämtlich in Mesum ihren Wohnsitz haben, hört man suffisante Bemerkungen, jetzt werde Rheine wohl von Mesum aus regiert...

 

Strukturwandel der Wirtschaft

Schon in den sechziger Jahren hat die Strukturkrise der Textilindustrie Rheine voll erfasst. Angesichts des Wegfalls vieler Arbeitsplätze stellt jetzt neben dem Ausbau des Dienstleistungssektors die Ansiedlung neuer Industriezweige ein zweites Standbein der städtischen Wirtschaftsentwicklung dar. Dabei lassen sich eine Reihe von zukunftsträchtigen Weiterentwicklungen traditioneller Unternehmensprofile feststellen: Die Maschinenbaufirma Tacke baut Windkraftanlagen, apetito steigt zum Marktführer im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung auf. Ganz neue Wege beschreitet das 1992 eingeweihte Transferzentrum für angepasste Technologien (TaT).

Der Zerfall des kommunistischen Staatensystems, insbesondere das Ende der DDR 1990 und der Sowjetunion 1991, wirken sich in widersprüchlicher Weise auf die weitere Entwicklung der Stadt Rheine aus: Einerseits führt die Veränderung der weltpolitischen Gesamtlage dazu, dass die Bundeswehr ihre Gesamtstärke reduziert und infolgedessen auch einzelne Verbände auflöst: neben Ausdünnungen der Heereseinheiten erlebt Rheine die Auflösung des Jagdgeschwaders 72 „Westfalen“. Andererseits erhöht sich die Bevölkerungszahl der Stadt vor allem durch den Zuzug von deutschstämmigen Bürgern aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.

Reiner Wellmann überschreibt in der Münsterländischen Volkszeitung seinen Jahresrückblick auf das abgelaufene Jahr 2001 zwar „Ein schwarzes Jahr für Rheine“ und geht in diesem Zusammenhang auf den bevorstehenden Abzug von Bundeswehr-Verbänden, die Insolvenz bei der Windhoff AG und auf die schlechte Haushaltslage der Stadt ein, fährt dann aber fort: „Wer in diesen Tagen durch Rheine fährt, der muss feststellen, dass seit der Stadtsanierung nicht mehr soviel gebaut wurde wie in diesem Jahr. Entlang des Kardinal-Galen-Ringes gewinnt Rheine neue Konturen. Der Abriss des Metropol-Theaters hat dem Stadtbild sicher nicht geschadet. Von der Gelben Villa, über die ehemalige Güterabfertigung bis hin zum Komplex Kino-Zentrum / Möbel Berning entstehen stadtbildprägende neue Gebäude. Die Lindenstraße wird im oberen Teil völlig neue Konturen erhalten. Die Stadt wandelt sich - neue Dienstleistungsstrukturen sind unverkennbar.“