Jüdischer Friedhof Am Mühlentörchen
Folgende Grabsteine sind auf dem ältesten jüdischen Friedhof von Rheine erhalten geblieben:
- Sophie / Schönchen Falk (1822-1823)
- Ascher / Anschel ben Heymann / Chaim (1776-1824)
- Rachel / Reikel geb. Seligmann (1765-1829)
- Schöne Anschel (1760-1838)
- Levi / Jehuda Leffmann (1787-1838)
- Mina Joseph (1760-1838)
Die Grabsteine sind chronologisch (von rechts nach links) aufgestellt und nach Osten ausgerichtet. Ihre Textinschriften sind auf Hebräisch. Erdbestattungen sind nach jüdischen Religionsgesetzen vorgeschrieben. Dabei ist die Totenruhe dauerhaft, und es gibt keine Ruhefrist. Ein jüdisches Grab besteht für die Ewigkeit.
Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Erwartung der Auferstehung wird der jüdische Friedhof auch Beit haChayim „Haus des Lebens“, Beit Olam „Ewiges Haus“ oder auch Beit Tow „Gutes Haus“ genannt.
vor 1740
Außerhalb der damaligen Stadtmauern, vor dem sogenannten Mühlentörchen, entsteht der älteste jüdische Friedhof von Rheine, erstmals erwähnt 1740. 1747 wird er beim Bau des Salinenkanals verändert.
1838
Die letzten Bestattungen finden hier statt. Danach ist er voll belegt. Ab 1839 wird der zweite jüdische Friedhof zwischen Schotthock Straße und Lingener Straße genutzt.
1938
Die Stadt Rheine verkauft nach Enteignung der jüdischen Gemeinde das Grundstück an den damaligen Mühlenbesitzer. Der Bau des angrenzenden Getreidesilos dient der Kriegsvorbereitung. Daraufhin lässt der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Julius Rosenberg (1871-1953), die sechs noch vorhandenen Grabsteine auf den zweiten jüdischen Friedhof bringen.
1945
Der ehemalige jüdische Lehrer und Kantor von Rheine, Abraham Weinstock (1892 - 1959), fordert im Oktober 1945 die Stadt Rheine auf, die jüdischen Friedhöfe in einen würdigen Zustand zu versetzen.
1950
Der Rat der Stadt Rheine beschließt die „Wiederherstellung des jüdischen Friedhofes am Mühlentörchen“. Doch in den folgenden über 70 Jahren werden nur gärtnerische Arbeiten ausgeführt. Die Rückführung der sechs Grabsteine verzögert sich — und damit die Wiedergutmachung begangenen Unrechts.
1982
Ehemalige Rheiner Juden regen die Aufstellung eines Gedenksteins zur Erinnerung an die Existenz des jüdischen Friedhofs an. Engagement aus der Rheiner Bürgerschaft ermöglicht die Umsetzung.
1994
Das Areal wird als „ehemaliger jüdischer Friedhof“ zusammen mit der frühneuzeitlichen Stadtbefestigung als Bodendenkmal geschützt.
2020
Der Stadtrat von Rheine beschließt erneut, die Grabsteine auf das Friedhofsgelände zurückzuführen.
2023
Die sechs Grabsteine werden nach 85 Jahren wieder an ihren ursprünglichen Ort gebracht. Das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Rheine und Spenden aus der Bürgerschaft finanzieren die Wiederherstellung des Geländes.